The (Un)Wonted´s
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- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
- Kapitel 5: Sparring
- Kapitel 6: The (Un)Wonted’s
- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
- Kapitel 9: Aufbruch
- Kapitel 10: Login
- Kapitel 11: Mitternachtsausflug
- Kapitel 12: Auf dem Holzweg
- Kapitel 13: Lallende Barden
- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
- Kapitel 30: Mi Casa Es Su Casa
- Kapitel 31: Containerfestung
- Kapitel 32: Testo-Tango
- Kapitel 33: Initiationsritus
- Kapitel 34: Undercover
Kapitel 31: Containerfestung
Heimat des Fortschritts, Progressia
Nachdem Terence unseren Protagonisten alles erzählt hatte, was er tags zuvor von einem stark angetrunkenen Gast erfuhr, machten sich Eddy und Dicy ohne weitere Umschweife auf den Weg. Denn die geheimnisvolle Person, um die sich das Gespräch drehte, war niemand Geringeres als Ralph, der Hacker und Schmuggler, welcher die (Un)Wonted’s nach Fantasia brachte und vermutlich am Verschwinden ihrer ursprünglichen Körper beteiligt war. Grund genug, dass Dicy Feuer und Flamme war, diesen Gauner dingfest zu machen.
„Wenn ich den erwische …“, schimpfte sie. „… Ich dreh’ ihm den Hals um, ich schwör’s dir.“
Da sie bereits seit Stunden vor Wut kochte, war sie insgeheim sogar froh, sie endlich an jemandem auslassen zu können. Eddy hingegen schlurfte ihr gerade schnell genug hinterher, sodass er sie nicht aus den Augen verlor und wirkte prinzipiell eher lustlos.
„Wozu brauchst du mich dabei nochmal?“, wollte er wissen.
Kurz davor zu explodieren, machte sie auf dem Absatz kehrt, stürmte Hals über Kopf auf Eddy zu und tippte ihm, nach ihrer Ankunft, mit dem Zeigefinger auf der stählernen Brust herum.
„Du, du …“, stammelte sie. „… Du bist überraschend durchtrainiert.“
„Glaubst du, ich sauf’ den ganzen Tag nur?“
„Ehrlich gesagt, ja.“
„Mach’ ich auch! Hehe!“, feixte er und nahm einen Hieb aus seiner Flasche. „Nebenbei trainiere ich aber auch.“
Das war es, was Dicy so rasend machte. Die blöden Witze von Eddy fühlten sich nicht mehr ehrlich an, eher so, als wolle er ihr und V etwas vorspielen. Er tat so, als sei alles in Ordnung, obwohl ihn die Schuldgefühle innerlich zerreißen. Obendrein ertrank er seine Sorgen in literweise Alkohol, anstatt mit seinen Gefährten darüber zu reden.
„Wer kann ihm das schon übel nehmen, bei Freunden wie uns?“, dachte sich Dicy, die es immer noch zutiefst bereute, Eddy angelogen zu haben.
Dennoch war sie für Mitgefühl und Empathie die Falsche, so etwas gehörte in V’s Aufgabenbereich. Sie war viel eher für das Grobe zuständig, ihm einen heftigen Arschtritt verpassen, wenn er mal wieder Trübsal blies oder im Selbstmitleid versank.
„Man, Eddy, du hast Scheiße gebaut, wir haben Scheiße gebaut, ständig baut irgendjemand irgendwo Scheiße. So ist das Leben, ein riesengroßer Haufen Scheiße!“, philosophierte sie, indem Versuch … sie wusste selber nicht, was sie damit bezweckte. „Komm drüber weg und leb’ dein Leben! So kann es doch nicht ewig weitergehen.“
„Kann es nicht?“, wiederholte er ungläubig und zog dabei eine Augenbraue nach oben.
„Komm schon, was …“
„Hör mal, ihr könntet es ja irgendwann einmal mit einer Entschuldigung probieren …“
„Du weißt, dass uns das alles furchtbar leidtut!“, unterbrach sie ihn.
„… Ich werde mich allerdings niemals entschuldigen können. Nicht bei der toten Wache, die ich auf dem Gewissen habe und schon gar nicht bei seiner Familie.“
„Du warst nicht Herr deiner Sinne, es gab nichts …“
„Lass gut sein!“, beendete er die Unterhaltung mit leeren Augen. „Wir sind eh gleich da.“
Dann ließ er Dicy im metaphorischen Regen stehen und nippte erneut an dem Zeug, was ihn irgendwann ins Grab bringen würde.
Unten gab es, entgegen allen Erwartungen, hunderte Häfen, welche sich über ganz Progressia verteilten. Zusammen bildeten sie ein Liefer- und Transportnetzwerk, dass sich nicht vor den modernen Alternativen, wie Warenteleportation oder den blitzschnellen Spacecarriern zu verstecken brauchte. Denn ihr großer Vorteil lag in genau zwei Punkten.
1. Die enormen Mengen, die sich mit einem einzigen Containerschiff transportieren ließen.
2. Da es keine Tiefseemonster und kaum Wellengang, geschweige denn Unwetter oder Stürme, gab, war diese Art und Weise des Transports die „Sicherste“ des ganzen Planeten.
Wer nun allerdings davon ausgeht, dass man gemütlich über einen kristallklaren, tiefblauen Ozean, wie es ihn früher auf der Erde gab, schipperte und den einfachsten Job der Welt hatte, den muss ich eines Besseren belehren. In Wahrheit entsprangen alle Gewässer, die es unten gab, oben. All die Flüsse, Meere und Kanäle waren gefüllt mit einem Gemisch aus Industrieabwässern, Schmutzwasser aus privaten Haushalten, Altölen oder nicht mehr benötigten Chemikalien.
Das Ergebnis war ein giftgrünes, hochtoxisches und breiiges Weltmeer, welches für Lebewesen nicht ungeeigneter sein konnte. Es fraß sich durch die meisten, herkömmlichen Schiffsrümpfe, sofern es nicht über eine speziell dafür hergestellte Legierung verfügte oder stieß derart tödliche Gase aus, dass man nicht nur eine Gasmaske tragen musste, sondern einen Ganzkörperanzug, wenn es einem nicht die Haut vom Körper ätzen sollte. Glücklicherweise gab es unten genügend Menschen, die keine andere Wahl hatten, als diesen Beruf auszuüben. Diesen, oder tagein tagaus in der Mine schuften und bei einer unterirdischen Explosion draufgehen.
Laut Terence’ Informationen, errichtete Ralph sein neues Versteck, nachdem sein altes infolge von Artifics Spurenverwischung in Schutt und Asche gelegt wurde, innerhalb des Containerhafens des südlichen Quadranten. Er soll sich eine wahre Containerfestung gebaut und mit allen möglichen Sicherheitsmechanismen ausgestattet haben. Selbstauslösende Geschütztürme, titanverstärkte Schutztüren und -räume, Überwachungskameras, die jeden Winkel der Anlage kontrollierten und eine Armee an Söldnern, die ihn wie ein treuer Köter beschützten. Zumindest in der Theorie.
In der Praxis verarbeitete Eddy alles und jeden zu Kleinholz, während ich euch über die Häfen und Gewässer Progressias aufklärte. Er schlug die Söldner K.O. bevor ein einziger Schuss abgefeuert wurde, die Geschütztürme machten ihm nichts aus, so riss er sie kurzerhand aus ihrer Verankerung und die titanverstärkten Wände … knüllte er mit seinen Händen zusammen, wie andere ein Blatt Papier. Nun gab es nichts weiter zu tun, als den letzten Container, KR666, welcher laut Terence’ Quelle Ralphs Thronsaal sein sollte, zu öffnen und den Übeltäter zur Rede zu stellen.
Leichter gesagt als getan. Seit nunmehr dreißig Minuten dokterte die emsige Techie an den zahlreichen Schlössern herum. Unzählige Kabel kamen aus den Fingerspitzen ihrer rechten Hand und verbanden sich mit der Elektronik der Sicherheitseinrichtungen. Robb hing ebenfalls in diesem Wirrwarr der Leitungen und scannte unterdessen das gesamte System, in dem Versuch, die korrekte Zahlenkombination herauszufinden. Was bei einem ausgefuchsten Technikgenie wie Ralph schon mal eine Kombination im mehrfachen Millionen-stelligen Bereich sein könnte.
„Hast du’s dann bald?“, störte Eddy.
„Psst!“, fauchte Dicy zurück, die gerade ihr Ohr an die Containerwand hielt und das Klicken antiker Schlösser, wie sie früher in Tresoren verwendet wurden, verstehen wollte.
„Was treibst du denn da?“
„Ich will den Stromfluss nachvollziehen. Ob ich ihn auch in die richtige Richtung lenke und so.“
„Und das soll funktionieren?“, zweifelte der Supie.
„Sieht es verdammt nochmal so aus?“, platzte es frustriert aus ihr.
Dann öffnete sich plötzlich eine klitzekleine Luke auf dem Dach des Containers, aus der ein Lautsprecher herausfuhr. Danach dröhnte Ralphs unverkennbare, nasale Stimme aus dem Gerät.
„Lasst es einfach sein“, empfahl der besserwisserische, altkluge Ralph. „An meiner Security-Software haben sich schon die größten Köpfe unserer Zeit die Zähne ausgebissen!“
„Wart’s nur ab! Das kannst du mir gleich ins Gesicht sagen, Arschgeige!“, drohte Dicy.
„Das bezweifle ich. Aber tu dir keinen Zwang an. Muhaha …“,
Ralph wollte ein böses Gelächter aufsetzen, verschluckte sich aber daran und erstickte beinahe.
„Geschieht dir recht, du widerliche, kleine Made. Haha!“
Nun war Dicy diejenige, die schadenfroh gackerte.
„Wer zuletzt lacht, lacht am besten, Desirée Cunningham!“
„Ich find’ das hier leider überhaupt nicht lustig“, beteiligte sich Eddy an dem Trauerspiel.
„Fuck, jetzt geh’ du mir nich’ auch noch auf’n Sack!“
„Doch, geh ihr so richtig …“
Ralph wurde von Eddy unterbrochen, nachdem er den Griff der Containertür gepackt hatte und die gesamte Vorrichtung, ohne lange zu fackeln, aus dem Rahmen riss und bis in den ätzenden Tümpel, unten am Pier warf.
„… Auf den Sack“, beendete Ralph entsetzt seine Aussage.
Er stand, so wie Dicy eben noch, an die ehemalige Containertür gelehnt und schien den elektrischen Signalen ebenfalls zu folgen. Im Gegensatz zu der hübschen, jungen Frau, stand er allerdings mit voll gekleckertem, ehemals weißem Hemd und Speedo-Unterhose da.
„H-h-hey, Freunde, w-w-wollen wir nicht erst mal über alles …“, stotterte er, während Schweiß über seine talgige Stirn lief.
Bevor er den Satz beenden konnte, trat Dicy ihn tiefer in den Container, sodass er auf seinem Bürostuhl landete und zusammen mit ihm rückwärts umfiel. Zumindest war das ihr Plan. In Wahrheit besaß Ralph einen neongelben Gymnastikball, welcher den schwergewichtigen Programmierer einfach gegen die Decke schnippte und anschließend unsanft zurück auf den Boden der Tatsachen beförderte.
„Ein Gymnastikball, echt jetz’?“, wunderte sich Dicy.
„Ist gut für den Rücken“, antwortete er kurz und knapp, während er sich langsam hoch quälte und die Brille zurechtrückte.
Unterdessen ging Dicy näher an den Hacker heran, hob ihm am Schlafittchen in die Luft und drückte ihn heftig gegen die stählerne Wand.
„Hast es dir ja richtig gut gehen lassen, mh? Musst gut an unserem Verschwinden verdient haben, mh?“
„Sachte, Sachte! Wir können doch über alles reden!“, verhandelte unschuldiger, Ich-könnte-keiner-Fliege-was-zu-Leide-tun Ralph.
Sie schlug ihn erneut, deutlich heftiger, gegen die Wand.
„Hört zu!“, flehte er. „Ich hatte nichts damit zu tun! Das müsst ihr mir glauben.“
„Müssen wir das?“, fragte Eddy, der an einem der Schreibtische lehnte und seinen Schnaps genoss.
„Ich schwör’s! Als ihr in Fantasia wart, kamen Schädelspalter und seine Crew zu mir, packten eure Körper ein und verschwanden wieder.“
„Und woher wussten die wohl, von unserem Aufenthaltsort?“, führte Dicy das Verhör fort.
„Keine Ahnung, wirklich!“, winselte Ralph, der den Tränen nahe war.
Dicy drehte ihren Kopf kurz zur Seite, spuckte aus und ließ Ralph fallen.
„Weißt du, wo Schädelspalter und seine Affenbande jetzt sind?“
„I-i-ihr glaubt mir?“
„Vorerst. Kommt drauf an, wie nützlich du uns noch sein kannst“
„O-okay. Ich markier’ dir ihren Standort auf der …“
„Nicht nötig“, winkte sie ab. „Du führst uns hin.“
„Äh, das ist ein Witz, oder?“, hoffte Ralph, dessen Auge bereits zu zucken begann.
„Lachen wir?“, entgegnete Eddy trocken.
Er trat schon aus dem Versteck und wartete nur darauf, dass es endlich losging.
„Die bringen mich um, das muss euch doch klar sein!“
„Wenn sie’s nicht machen, dann wir“, sagte Dicy zwar, bereute ihre Worte aber sofort wieder, nachdem sie in Eddys Gesicht geschaut hatte.
„Schön“, seufzte Ralph. „Gehen wir.“
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- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
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- Kapitel 7: Alltag
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- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
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