The (Un)Wonted´s
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- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
- Kapitel 5: Sparring
- Kapitel 6: The (Un)Wonted’s
- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
- Kapitel 9: Aufbruch
- Kapitel 10: Login
- Kapitel 11: Mitternachtsausflug
- Kapitel 12: Auf dem Holzweg
- Kapitel 13: Lallende Barden
- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
- Kapitel 30: Mi Casa Es Su Casa
- Kapitel 31: Containerfestung
- Kapitel 32: Testo-Tango
- Kapitel 33: Initiationsritus
- Kapitel 34: Undercover
Kapitel 22: Manaleum
Das Abenteuerkönigreich Fantasia
Einer der Gründe, warum die Fancies trotz ihres enormen Potenzials und ihrer nahezu grenzenlosen Macht nicht die alleinigen Herrscher des Universums waren, war so alt, wie ihre Welt selbst. Ein interner Konflikt, der bestand, seitdem die ersten Lebewesen auf Fantasia wandelten. Das Gute gegen das Böse. Das Licht gegen die Finsternis. Die Helden gegen die Schurken.
Steinalte Überlieferungen, im wahrsten Sinne des Wortes, da sie mit Farben an Höhlenwände gekritzelt wurden, zeugten bereits von den Auseinandersetzungen dieser zwei Gegensätze. Wie alt sie waren oder ob es derartige Kämpfe noch früher gab, konnte heute niemand mehr mit Gewissheit sagen. Fakt war jedoch, dass diese zwei Seiten derselben Medaille ihren Zwist bis in alle Ewigkeit ausfechten sollten. Und so sprach man gemeinhin vom Fluch Fantasias.
Wer oder was die Helden und Schurken bestimmte und entschied, was Gut und was Böse war, wusste niemand. Vielleicht legte man es aus einer Laune heraus fest. Ebenso gut konnte es auch das Ergebnis eines Würfelwurfs sein. Zumindest in einer Sache waren sich die Leute sicher:
Der einzige Grund, warum seit Jahrhunderten keine neuen Auserwählten gerufen wurden, war, dass die Letzten ihre eigentliche Mission noch nicht erfüllt hatten. Oder daran gescheitert sind.
Die (Un)Wonted’s waren gerade dabei, dem Gang zu folgen, den Venorax ihnen gezeigt hatte. Streng genommen handelte es sich dabei gar nicht um einen Gang, sondern viel mehr um ein ausgetrocknetes Flussbett. Ein Flussbett, welches entstand, weil hier zig Generationen von Drachen zum Sterben hergekommen sind und die unfassbaren Mengen Blut irgendwo hinlaufen mussten. Schließlich starben diese Wesen nicht einfach so, sondern erlagen viel mehr ihren Verletzungen, die sie im Kampf davontrugen.
„Man kann sich gar nicht vorstellen, dass hier mal alles voll mit Drachen war“, bemerkte Eddy, an dessen Hüfte eine nigelnagelneue Kürbisflasche baumelte.
„Und noch viel weniger, dass aus deren Blut ein ganzer Hain gewachsen ist. Ein Goldener noch dazu“, entgegnete V, der mit seiner Axt herumfuchtelte, als sei sie ein Kinderspielzeug.
„Wenn man vom Teufel spricht“, sagte Dicy, die durch ihr Fläschchen ein entferntes Glitzern wahrnahm. „Ich glaube, wir sind da.“
Und tatsächlich näherten sie sich einem kleinen Wäldchen. Einem, das mitten in dieser Höhle wuchs, und welches lediglich durch ein klitzekleines Loch an der Decke beleuchtet wurde.
Wenn man sich die Stämme der Bäume anschaute, dachte man eher an ein makellos poliertes Kupfer oder Bronze. Sobald man aber nach oben schaute, offenbarte sich das goldene Blätterdach, welches einem wahren Lichtermeer gleichkam.
Von Venorax erfuhren sie, dass das Manaleum gar keine Grabstätte, sondern viel mehr ein Gefängnis war. Und der Goldene Hain war so etwas, wie die Gefängnismauer. Nur mit viel mehr Runen, Siegeln, Zauberformeln und anderem magischem Kokolores. Jedenfalls schossen ihnen, je länger sie dem Pfad zum Zentrum folgten, mehr und mehr Bedenken bezüglich ihres Auftrags in den Kopf.
„Wer oder was wird an so einem Ort festgehalten?“
„Was muss man verbrochen haben, um hier zu landen?“
Und am wichtigsten:
„Wozu sollte man diese Person oder dieses Wesen kontrollieren wollen?“
Dennoch folgten sie dem Trampelpfad weiter und weiter. Bis sie an einem Fachwerkhaus ankamen, welches auf einer Lichtung errichtet wurde. Auf einem wackligen Schild vor dem Holzzaun lasen sie „Manaleum“.
Natürlich hatten sie keine Ahnung, aus was für unglaublich seltenen Materialien dieses Häuschen errichtet wurde. So nutzte man zum Beispiel totes Holz von Yggdrasil oder Erze und Steine, welche völlig Magie-abschirmend wirkten. Und das alles zu einem einzigen Zweck. Im Inneren sollte es niemandem möglich sein, auch nur einen Zauber zu sprechen, geschweige denn Mana überhaupt wahrzunehmen.
Sie gingen durch das Eingangstor und standen nun vor der Tür, an deren Rand überraschenderweise eine Klingel montiert war.
„Was jetzt? Sollen wir einfach mal bimmeln?“, fragte Eddy.
„Keine Ahnung. Ich kann aktuell noch gar nicht fassen, dass wir eben einem uralten Drachen begegnet sind“, entgegnete V.
„Und es sogar überlebt haben!“, fügte Dicy hinzu. „Drauf geschissen, einfach umdrehen können wir ja auch nicht.“
Mit diesen Worten betätigte sie die Klingel. Ein leises Läuten war durch die dicken Wände zu vernehmen. Dann krachte es im Inneren, als wäre jemand über hunderte Kisten und Kartons gestolpert. Schließlich öffnete sich die Tür und der Puls der Gruppe schoss in ungeahnte Höhen.
Im Türrahmen lehnte nun ein stinknormaler Typ, wie du und ich, der so uninteressant aussah, dass man beinahe nicht glauben konnte …
„Hackt’s oder was?“
Er schnippte mit dem Finger und die Zeit um ihn herum stand schlagartig still. Als würde der Lauf der Dinge eine abrupte Pause …
„Schnauze! Da bekommt man das erste Mal nach hunderten von Jahren Besuch … Scheiße und dann steck’ ich wieder in ‘ner Geschichte? Vergiss es!“
Du sprichst mit mir, oder?
„Ne, mit dem Hund, der neben dir liegt, na sicher rede ich mit dir!“
Mist, das könnte problematisch werden.
„Und ob es das wird!“
Okay, okay. Pass auf!
Das Wichtigste vorneweg, du steckst in keiner Geschichte! Zumindest nicht so, wie das letzte Mal. Das hier ist die Realität, das Leben. Ich bin lediglich …
„Der Erzähler? Der Witz wird langsam alt, den kenn’ ich schon.“
Ich würde mich eher als Chronisten oder so bezeichnen. Die Drei vor dir werden alles uns Bekannte in ihren Grundfesten erschüttern. Und weder du noch ich oder sonst jemand kann momentan abschätzen, was genau passieren wird. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege.
„Das muss ich mir selbst anschauen, Moment.“
Der Fremde starrte nun tief in die Augen von Eddy, V und …
„Wage es nicht, mich zu beschreiben!“
Ähm, ‘tschuldige.
.
.
.
„Hast recht, ich kann deren Zukunft wirklich nicht sehen.“
Sag’ ich doch. Und da niemand weiß, was passieren wird, habe ich mich dazu entschlossen, die Ereignisse rund um diese Jungspunde zu dokumentieren und für die Nachwelt festzuhalten. Du spielst dabei bloß zufällig auch eine Rolle, genauso wie ich.
„Du? Du bist Teil deiner eigenen Geschichte?“
Es ist keine Geschichte, sondern … ach egal. Ja, ich bin auch Teil davon.
„Es wird ja immer verrückter. Und Nu?“
Mach, was du für richtig hältst, wie gesagt, es ist dein Leben und du kannst tun und lassen, was du willst.
„Check. Alles klar.“
Mit einem erneuten Schnippen lief die Zeit wieder weiter.
„Tachchen, wie geht’s, wie steht’s?“, sagte der Unbekannte und rollte dabei genervt die Augen.
„Hallo. Öhm, entschuldigen Sie die Störung, aber …“
„Ihr stört nicht. Ist ja nicht so, dass ich irgendwelche Pläne gehabt hätte“, unterbrach er V.
„Wir haben hier eine Lieferung für …“
„Kommt doch erst mal rein und setzt euch, ihr müsst doch sicher müde von der langen Reise sein“, fiel er Eddy ins Wort. „Ich hab Pizza da und Bier im …“
„Überredet! Danke für die Einladung“, freute sich Dicy und trat schnellen Schrittes in das Haus.
„Na so was, dich kenne …“
Halt Stopp!
„Du kannst die Zeit also auch anhalten, mh?“
Was glaubst du denn? Einer meiner leichtesten Übungen.
„Angeber. Also, was is’? Warum so panisch?“
Ach ja! Unter keinen Umständen darfst du mit Dicy darüber reden, dass ihr euch schon einmal begegnet seid. Das könnte das gesamte Raum-Zeit-Kontinuum aus den Fugen bringen, eine Paralleldimension erschaffen oder einfach alles in sich zusammenstürzen lassen.
„Dicy, jetzt erinner’ ich mich! Damals sah sie aber irgendwie älter aus.“
Das liegt daran, dass du ihr Zukunfts-Ich getroffen hast.
„Moment mal. Also bin ich gar nicht in eine andere Geschichte, sondern in die echte Zukunft gereist?“
So könnte man es sagen. Ist das denn jetzt so wichtig? Du bringst meinen gesamten Plan für dieses Kapitel durcheinander.
„Schon gut, schon gut. Dieses Zeitreise-Gedöns versteht sowieso keine Sau, mach einfach weiter.“
Danke.
Nachdem V und die Anderen eintraten und sich ein bisschen umgeschaut hatten, kamen sie nicht umher, sich über die hübsche und gemütliche Innenausstattung zu wundern. Vor allem, wenn man im Hinterkopf hatte, dass dies eigentlich ein Gefängnis sein sollte.
Geradeaus ging es ins Wohnzimmer, in welchem eine gemütliche Couch stand, auf der Dicy sich schon ein Kaltgetränk öffnete und in ein Stück Pizza Margherita biss. Sie nahm den Controller der Playstation 37 in die Hand, beendete die Pause und fuhr mit dem Spielstand von Final Fantasy 172 fort.
„Wehe, du verskillst meine Charaktere, dann knallt’s!“
„Sehe ich aus, wie ein beschissener Anfänger?“, antwortete Dicy ihrem Gastgeber.
Wenn man vorher links abbog, kam man in den Lesesaal, welcher von oben bis unten gefüllt mit Büchern war. Die meterhohen Regale waren sogar nach Genre sortiert.
„Haben Sie etwa jedes gelesen? Das muss ja ewig gedauert haben“, staunte … jedem ist klar, wer hier staunte.
„Ein paar hundert Jahre werd’ ich schon gebraucht haben. Tob’ dich ruhig aus.“
Noch bevor er die Erlaubnis bekam, wühlte V sich schon durch Titel wie »Der Herr der Augenringe«, »Harry Popper«, »Der Wichser« oder »Star Dreck«.
Weiter hinten, im Badezimmer, suchte Eddy nach etwas, mit dem er seine Wunde ordentlich versorgen konnte. Denn obwohl er versuchte, vor den anderen eine gute Figur abzugeben und den starken Mann raushängen zu lassen, so nagte seine Verletzung sehr an ihm.
„Entschuldigen sie, Mister, aber sie haben nicht zufällig eine Salbe oder so. Ein Verband wäre sicher auch toll, oder wenigstens ein Pflaster.“
„Leider nicht. Aber ich habe eine andere Idee.“
Der Hausherr legte vorsichtig seine Hand auf Eddys Verletzung, welche kurz darauf hell leuchtete. Wenig später war das Licht erloschen, genauso wie seine Schmerzen. Er fühlte sich wie neu geboren.
„V-vielen Dank, Sie sind ja ein wahrer Meisterheiler.“
„Ach was, ist doch nichts dabei.“
Nach einer Weile kamen dann alle in der Stube zusammen, aßen, tranken, lachten und hatten einfach eine tolle, gemeinsame Zeit. Dicy zockte nach Herzenslust und wurde dabei kräftig von Eddy angefeuert. Unterdessen stellte V einen Stapel Bücher bereit, den er diese Nacht wohl noch inhalieren würde. Nach all der Aufregung und der Erschöpfung, die tief in ihren Knochen saß, hatten sie doch glatt den eigentlichen Grund ihres Besuchs im Manaleum vergessen. Zumindest beinahe.
„Entschuldigen Sie, wenn ich so dreist frage“, begann V. „Aber lebt hier zufällig ein gewisser M?“
„Nicht, dass ich wüsste.“
„Kennen Sie ihn denn zufällig? Oder haben Sie eine Idee, wo er stecken könnte? Wir haben nämlich ein Paket …“
„Tut mir leid, Junge, aber außer mir lebt hier meilenweit keine Menschenseele.“
„Na und wer bist du, hä?“, hing sich Dicy in das Gespräch, während sie konzentriert auf den Bildschirm starrte.
„Ich? Ich bin Markus, freut mich.“
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- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
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- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
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