The (Un)Wonted´s
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- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
- Kapitel 5: Sparring
- Kapitel 6: The (Un)Wonted’s
- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
- Kapitel 9: Aufbruch
- Kapitel 10: Login
- Kapitel 11: Mitternachtsausflug
- Kapitel 12: Auf dem Holzweg
- Kapitel 13: Lallende Barden
- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
- Kapitel 30: Mi Casa Es Su Casa
- Kapitel 31: Containerfestung
- Kapitel 32: Testo-Tango
- Kapitel 33: Initiationsritus
- Kapitel 34: Undercover
Kapitel 23: Existenz
Das Abenteuerkönigreich Fantasia
Außerhalb Fantasias gab es eine Form des Verbrechens, welche besonders profitabel, aber mindestens genauso grausam und schrecklich war. Wie ihr ja bereits wisst, wurde die Seele, das Bewusstsein eines Individuums, während des Einloggens vom Organismus getrennt. Der Helm, den man dabei auf dem Kopf trug, diente lediglich als Verbindungsstück zwischen Körper und Geist, damit Letzterer seinen Weg rein- und rausfinden konnte.
Wenn diese Verbindung nun allerdings gekappt wurde, dann steckte man bis in alle Ewigkeit in der digitalen Welt fest. Zumindest so lange, bis man sich eine neue Hülle organisiert hatte, egal ob organisch oder mechanisch.
Anfangs war es ein Geschäft, an dem sich vor allem Fancies beteiligten, da diese offensichtlich über keinen realen Körper verfügten. Doch es dauerte nicht lang, bis alle möglichen Persönlichkeiten Unmengen Credits für ihren „Traumbody“ ausgaben und dabei keine Grenzen kannten. Selbst nachdem die Regierung diese Handel strengstens verboten hatte, jeden Login wie einen Grenzübertritt behandelte und dementsprechend kontrollierte oder sogar implantierbare Mikrochips entwickeln ließ, welche die Persönlichkeit scannen konnten. Bis heute sollten diese dreckigen Deals in den Schatten Progressias und wer weiß, wo sonst noch überall, fortgesetzt werden.
Letzten Endes verdienten sich diese Ganoven eine goldene Nase, ihre Klienten liefen in gestohlenen, fremden Körpern durch die Gegend und in Fantasia musste es abertausende Gestrandete geben, die keine Hoffnung hatten, jemals nach Hause zurückkehren zu können.
Die (Un)Wonted’s erreichten vor einigen Stunden das Manaleum und machten es sich seither gemütlich. Die Dringlichkeit ihres Auftrags, oder besser gesagt dessen bloße Existenz, rückte während dieser Erholungspause vorerst in den Hintergrund. Wenigstens erfuhren sie, dass ihr spendabler Gastgeber auf den Namen Markus zu hören schien.
„Markus? Was’n für’n Markus?“, fragte Dicy enttäuscht, nachdem sie einen epischeren Namen erwartet hatte.
„Wie, was für’n Markus? Was’n für ‘ne Dicy, hä?“, zischte er zurück.
„Und du wirst hier gefangen gehalten?“, wunderte sich Eddy.
„Das kann man so nicht sagen, denke ich“, er kratze sich nachdenklich am Kinn. „Ich bin freiwillig hier, im Urlaub, sozusagen.“
„Moment mal!“, dröhnte es aus V, als wäre ihm etwas Entscheidendes klar geworden. „Bist du etwa der Markus, der vor hunderten Jahren den letzten Dämonenkrieg beendet hatte und maßgeblich am heutigen Frieden zwischen den Völkern beteiligt war?“
„Genau der bin ich“, griente er freudestrahlend mit herausgestreckter Hühner- … ähem, Heldenbrust.
„Markus, wer?“, beteiligte sich Dicy erneut abwertend.
Sie starrte weiterhin unbeeindruckt auf den flackernden Flatbeam und war gerade dabei, einen Bosskampf für sich zu entscheiden.
„Warte! Redest du etwa von dem Markus, der zusammen mit den Kriegern des Lichts, Arthur, Erinia und Thorsteyn, Fantasia vor dem sicheren Untergang bewahrt hat?“, staunte nun auch Eddy.
Er stellte sich zusätzlich die Arme in die Hüfte und blickte schräg nach oben, als modelte er gerade für seine eigene, heroische Skulptur.
„Ja, richtig! Der Markus, der als Urvater der Fancies gilt, ihnen ihre Individualität schenkte und letztendlich sein eigenes Volk auf der Seite der Menschen bekämpfte“, fügte V trocken hinzu.
„Hey! So war das überhaupt nicht!“
„Wie denn dann?“
„Na ja … also … lest einfach das Buch und stichelt nicht in meinen alten Wunden herum, ihr Arschgeigen!“, stotterte er ertappt und sackte daraufhin enttäuscht in sich zusammen.
„Welches Buch?“
„Ein generiertes Fantasy-Rollenspiel, oder so. Weiß nich’ mehr, ist schon so lange her. Lasst mich in Ruhe, ich will nicht darüber reden!“, ningelte Markus.
„Ist auch wirklich scheißegal, Leute! Wir suchen nach einem M im Manaleum“, analysierte Dicy. „Gefunden haben wir einen Markus. Das ist unser Mann, ist doch ganz klar.“
„Da könntest du recht haben!“, bestätigte Eddy.
„Natürlich hat sie recht, das liegt doch auf der Hand“, antwortete V kopfschüttelnd. „Ich mache mir lediglich Sorgen, da wir ein Programm ausliefern sollen, was dazu in der Lage ist, diese mächtige Person hier zu kontrollieren.“
„Momentchen, wie bitte? Jemand lässt euch etwas ausliefern, das mich kontrollieren soll? Wer hat euch den Auftrag gegeben?“
„Das Amt für übernatürliche Aktivitäten. Allerdings wissen wir nicht, wer genau uns beauftragt hat“, entgegnete V.
„Gebt mal her den Schinken, ich seh’s mir selbst an.“
„Bloß nicht anfassen, sonst könnte es ganz schnell ganz schön Scheiße werden!“, befahl Dicy, während sie Eddy zunickte.
Er reichte Markus vorsichtig die Schatulle.
„Hier, Mister, bitte.“
„Danke. Also ich überzeuge mich erst mal selbst vom Effekt dieses Teils. Dann verfolge ich die Manaspuren zurück und schau, was ich herausfinden kann.“
„Gib dir keine Mühe“, winkte V ab. „Seitdem ich hier drin bin, ist mein Kontakt zum Mana völlig unterbrochen. Dieses Gebäude ist sicher aus Magie-abschirmendem Material …“
Er wurde vom Leuchten unterbrochen, welches zuerst nur Markus’ Hände, kurz darauf auch die Schatulle und wenig später das gesamte Zimmer erstrahlen ließ.
„Wie … wie kann das …?“
„Als könnten mich ein paar Steinchen und eine Handvoll Taschenspielertricks vom Zaubern abhalten, Junge.“
„Aber jegliche Verbindung ist einfach weg, als hätte ich vorher noch nie …“
„Was hast du denn gedacht, woher die Spielekonsole, das Bier und die Pizzen kommen? Einen Lieferdienst gibt es hier nicht, soviel kann ich dir sagen.“
„Du … was genau bist du?“, wollte V unverzüglich wissen.
„Schwere Frage“, begann er, obwohl er sich mit geschlossenen Augen auf seine Magie konzentrierte. „Etwas, das ihr eine Existenz nennen würdet, trifft es wohl am ehesten.“
Dicy ließ ihren Controller fallen und das Bier floss aus ihrer heruntergeklappten Kinnlade. V verlor scheinbar das Bewusstsein und fiel einfach nach hinten um, nachdem er die Worte vernommen hatte. Eddys Blick schoss zwischen seinen Gefährten hin und her, während sein rechter Mundwinkel unkontrolliert zuckte, als wolle er ein panisches Lachen zurückhalten.
„Erzähl kein Scheiß!“, schrien alle Drei gemeinsam.
„Jetzt macht mal halblang, ist doch keine große Sache.“
„Keine große … was?“, brüllten sie erneut, unfähig, ihr Entsetzen zu verbergen.
„Du willst uns also weismachen, dass du eine der mächtigsten Individuen des gesamten Universums bist?“
„Weißt du, wie selbstverliebt das klingt?“, lehnte Markus ab. „Ich hab’ mir den Titel nicht gegeben, er wurde mir viel mehr verliehen.“
„Von wem?“, hakte V nach.
„Vom Rat der Existenzen, oder so. Alte Säcke, die denken, sie seien etwas Besseres, seit Anbeginn der Zeit in irgendwelchen höheren Dimensionen hocken und …“, er fing an, mit Zeige- und Mittelfinger Gänsefüßchen in die Luft zu malen. „… Darauf achten, dass ihre Schöpfungen weiterhin auf dem rechten Pfad wandeln.“
„Wahnsinn!“, bewunderte Eddy. „Und?“
„Und was?“
„Was kannst du so?“
„Eigentlich fast alles, was du dir so vorstellen kannst.“
Daraufhin erschuf Markus einen Miniaturplaneten in seiner Handfläche, formte abstrakte Lebewesen und abgefahrene Pflanzen. Er schnippte mit dem Finger und ließ den faustgroßen Globus um seine eigene Achse drehen, schneller und schneller. Über die Spanne weniger Sekunden vergingen Millionen, nein, Milliarden von Jahren auf dieser Welt. Plötzlich trugen die vermeidlich missgestalteten Kreaturen Kleidung, sie unterhielten sich, gingen ihrer Arbeit nach und erschufen im Laufe der Zeit eine eigene Zivilisation. Irgendwann wuchs ihre Population und das Konsumverhalten der Gesellschaft auf eine Größe, die der Erdball nicht mehr unterstützen konnte. Sie warfen ihren Blick nach Außen und sahen dabei nicht in den Nachthimmel und auf unzählige, helle Sterne, sondern in die verdutzten Fratzen der (Un)Wonted’s. Als ihre Technologie dann einen ersten Raketenstart erlaubte, beendete Markus die Vorstellung mit einem Klatschen und der Erdball war verschwunden.
„Hast du etwa gerade eine völlig neue Lebensform erschaffen und dann gleich wieder ausgelöscht?“, echauffierte sich V.
„Quatsch! Wo denkst du hin?“
Dann atmete der junge Magier beruhigt aus.
„Ich hab’ sie bloß irgendwo im Weltall ausgesetzt und lasse sie jetzt ihr Ding machen.“
„Ich werd’ verrückt! Affenstark, eh!“
„Locker bleiben, Eddy. Der kann uns viel erzählen, wenn der Tag lang ist“, sagte Dicy und tat dabei so, als wäre sie gerade nicht aus allen Wolken gefallen. „Viel wichtiger, willst du uns nicht langsam mal erzählen, was bei deinem Scan rausgekommen ist?“
Der Datenchip ruhte mittlerweile zwischen den Fingern von Markus und er hielt ihn sich direkt vor die Augen.
„Bist du wahnsinnig? Wir haben dir doch gesagt, dass du …“
„Also kontrollieren kann man damit nichts und niemanden, außer vielleicht ein Raumschiff. So wie ich das sehe, handelt es sich hierbei um ein Initialisierungsprogramm.“
Schlagartig wechselte die lockere Atmosphäre, welche bis eben noch in der Luft lag und stattdessen machte sich ein gewisses Unbehagen breit. Vor allem bei Dicy und V, die vor Wut brodelten und jeden Moment zu explodieren drohten.
„Wie kann man so dämlich sein?“, bellte sie und nahm den Supie in den Schwitzkasten.
„Du hattest eine einzige Aufgabe!“, schimpfte V.
„Entschuldigt, bitte. In Elfheim hatten wir unsere Chance knapp verpasst und dann haben wir irgendwie nicht mehr dran gedacht“, verteidigte sich der Supie.
Sie froren an Ort und Stelle ein und machten sich genau dieselben Gedanken.
„Fuck, hoffentlich geht es Bark gut!“, dröhnte es gleichzeitig aus den Dreien.
„Macht euch keine Sorgen, eurem Fischmenschenfreund geht es gut“, gab Markus Entwarnung.
„Und was wird aus unserem Auftrag?“, erkundigte sich Eddy.
„Drauf geschissen! Was wird aus unserer Bezahlung?“
„Leute! Es ist viel wichtiger, herauszufinden, wer versucht, eine Existenz zu kontrollieren!“, erklärte V.
„Absolut richtig! Genau das werden wir jetzt auch machen!“, entschied Markus.
„Wir?“
„Ja, wir! Ein Problem damit?“
„Überhaupt nicht!“
„Also, worauf warten wir dann noch?“
Einen Augenblick später hatte Markus seine Siebensachen gepackt, ein frisches Shirt angezogen, das erste Mal seit geraumer Zeit geduscht und stand aufbruchsbereit in der Tür des Manaleums.
„Können wir?“
Schulterzuckend willigten Dicy und die Anderen ein, nachdem sie ohnehin nicht genau gewusst hatten, was sie nun machen sollten. Einfach zurück zum Amt? Ihren Auftrag hatten sie allerdings mächtig verhauen. Und ob sich ihre Lage verbessern würde, wenn sie mit einer waschechten Existenz auf der Matte stehen würden, war auch zweifelhaft. Letztlich waren ihre Optionen begrenzt und sie entschlossen sich, Markus …
„Ach, da fällt mir ein! Eventuell müssen wir erst etwas Überzeugungsarbeit bei meinen Wärtern leisten, bevor sie uns gehen lassen.“
… vorerst zu vertrauen.
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- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
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- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
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