The (Un)Wonted´s
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- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
- Kapitel 5: Sparring
- Kapitel 6: The (Un)Wonted’s
- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
- Kapitel 9: Aufbruch
- Kapitel 10: Login
- Kapitel 11: Mitternachtsausflug
- Kapitel 12: Auf dem Holzweg
- Kapitel 13: Lallende Barden
- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
- Kapitel 30: Mi Casa Es Su Casa
- Kapitel 31: Containerfestung
- Kapitel 32: Testo-Tango
- Kapitel 33: Initiationsritus
- Kapitel 34: Undercover
Kapitel 29: Fischwanderung
Heimat des Fortschritts, Progressia
Die gewaltige, unterirdische Eruption fühlte sich an, als hätte der Planet ein Bäuerchen gemacht. Der Erdboden hob sich, so wie es der Brustkorb bei einem tiefen Atemzug tun würde. Für einen Moment muss es ausgesehen haben, als hätten alle Anwesenden eine Welle gesurft, die durch die Erde gerauscht ist. Einzig der Rülps musste noch einen Weg nach draußen finden, nachdem der Eingang des Stollens unaufhörlich mit Wasser vollgepumpt wurde. Und die Natur hätte sich keinen blöderen Ort dafür heraussuchen können.
Die Plattform, auf welcher der riesige Show-Bohrer stand, befand sich plötzlich ein paar Meter über den Köpfen unserer Helden, nachdem sich der Untergrund spitz in die Höhe geschoben hatte.
„Alle Mann in Deckung! Rette sich, wer kann!“, schrie Dicy und schmiss sich dabei flach auf den Boden, die Hände über den Kopf haltend.
Während V eine Barriere aus unzähligen, astralen Schilden formte, um die Zivilisten zu beschützen, hielt sich Bark kommentarlos die Hände vor die Augen, da er das drohende Unheil wohl nicht mit ansehen wollte. Blöd nur, dass so niemand erkannte, dass sich eine weitere Katastrophe anbahnte.
Der Redner verlor nach Robbs ruppiger Rettungsaktion die Fernbedienung des Bohrers. So war es nur eine Frage der Zeit, bis einer der klitzekleinen Molkfüßchen, die nach wie vor überall herumwuselten, auf dem grünen An-Knopf landete. Und dies passierte genau dann, als der Bohrer durch die Explosion unter ihm in die Luft geschossen wurde. Wie ein Pickel auf der Wange eines pubertären Vierzehnjährigen, katapultierte das ausbrechende Dreck-Wasser-Gemisch den rotierenden Bohrkopf gen Himmel.
Das Geschoss bahnte sich seinen Weg durch die meterdicke Betondecke, die unten von oben trennte, als wäre sie aus Pappe. Durch das entstandene Loch konnte man beobachten, wie es sogar ein Frachtschiff penetrierte, welches sich gerade im Landeanflug befand. Bevor das brennende Wrack und eine pechschwarze Rauchwolke das Blickfeld verdunkelten, verließ die Maschine Progressias Atmosphäre.
Zurück auf dem Boden des Planeten starrten die Leute in entsetzte, fassungslose, panische und verängstigte Gesichter. Die Molks klatschten zufrieden miteinander ab und verschwanden wieder in den Tiefen des Erdreichs. Die (Un)Wonted’s kamen unterdessen auch zusammen und waren ebenso sprachlos, wie alle Anderen.
„Fuck!“, fluchten eine Techie und ein Magier synchron.
„Horhorhor! Bark wusste nicht, dass es ein Feuerwerk geben würde.“
Seine Gefährten antworteten nicht. Besser gesagt, war V damit beschäftigt, Dicy davon abzuhalten, Bark an Ort und Stelle zu enthaupten.
Währenddessen kam der Verantwortliche des Unternehmens auf die (Un)Wonted’s zu und war alles andere, als begeistert.
„Wie kann man so inkompetent sein? Ihr hattet eine Aufgabe, eine Einzige!“, beschwerte er sich, immer lauter werdend.
„Moment mal!“, verteidigte V die Gruppe. „Es konnte ja keiner ahnen, dass wir es mit einer ganzen Armee von Molks zu tun bekommen!“
„Genau dafür habe ich euch doch engagiert, oder etwa nicht? Stattdessen könnt ihr Idioten nicht einmal eine beschissene Lampe bedienen!“
Der Bauleiter warf Bark einen ernsten Blick zu, wurde kurz darauf allerdings von einem Lichtstrahl geblendet.
„Können wir sehr wohl, horhorhor!“, feixte der Fischmensch.
„Gib das her!“, zischte Dicy und riss ihm die Taschenlampe aus der Flosse. „Lass einfach die Kohle rüberwachsen und weg sind wir.“
„Tickt ihr noch ganz richtig? Ihr wollt für dieses Chaos auch noch bezahlt werden?“, der Mann fiel aus allen Wolken. „Wisst ihr überhaupt, welchen Schaden ihr da angerichtet habt? Was uns das kosten wird?“
„Ist mir absolut scheißegal!“, ließ sie ihn nüchtern wissen. „Unsere Aufgabe war es, die Gäste deiner stinklahmen Feier zu beschützen und das haben wir getan.“
„D-d-das kannst du nicht ernst …“
Ohne ein weiteres Wort streckte Dicy ihm ihre Hand entgegen und wartete darauf, dass er die Überweisung tätigte.
„Ich werde dafür sorgen, dass ihr nie wieder einen Auftrag erhaltet. Ganz Progressia wird euch meiden!“, drohte er.
Dann schüttelte er widerwillig die Hand, ein flackerndes Display erschien darüber und visualisierte die Transaktion über 600 Credits.
„Keine Angst, das bekommen wir wunderbar allein hin“, verabschiedeten sie sich.
Nun stapfte unser Dreiergespann durch den Schlamm, still, ohne dass ein einziges Wort ihre Lippen verließ, auf ihrem Weg zurück in das Theater Hollywood. Sie sorgten sich darüber, jemals wieder einen vernünftigen Auftrag an Land zu ziehen oder irgendwann einen ihrer eigenen Gefährten zu erschlagen. Zumindest einer von ihnen schien guter Dinge zu sein.
„Klasse, Barks erster Auftrag! Und dann noch ein voller Erfolg!“
„Ein voller … ach, was soll’s, mir fehlt die Energie, mich über dich aufzuregen“, antwortete V erschöpft.
„Es hätte auch deutlich schlimmer laufen können“, fügte er todernst hinzu.
„Ach ja? Wie?“, wollte Dicy wissen, obwohl auf ihrer Stirn eine Ader zu platzen drohte.
„Na, zum Beispiel hätten …“
„Das war eine rhetorische Frage, Bark, sie will keine Antwort von dir hören.“
„Eine was?“
„Hör einfach auf zu reden, bitte“, flehte der Gildenmeister, da Befehle in der Regel zu nichts führten.
Einen Moment war er ruhig, kratzte sich lediglich am Kinn, doch wer ihn kannte, wusste, dass eine weitere Idiotie unausweichlich war.
„Was ist eigentlich mit Barks Anteil?“
Eine Sekunde später zielte Dicy mit ihrem linken, zu einem Blaster transformierten Arm direkt auf Barks Kopf.
„Sag mir, V, wieso haben wir diesen Trottel nochmal bei uns aufgenommen?“
Ein paar Wochen nachdem sich die (Un)Wonted’s in meinem Büro der Rettung des Universums verpflichtet hatten, sie kamen gerade von einem schlecht bezahlten und zwielichtigen Auftrag zurück, saß ein bedrückter Fischmensch bei ihnen im Theater.
„Was ist aus deinem Traum geworden, erster Weltraumpirat Fantasias zu werden?“, fragte Eddy damals.
Dann erklärte er ihnen, dass nach ihrer Flucht aus Elfheim auch nach ihm gefahndet wurde, wie sie sein Schiff sichergestellt hatten und er keine Chance mehr hatte, jemals in All zu stechen. Zumindest nicht auf Fantasia. Er erinnerte sich an die Worte seiner Freunde, dass er sie jederzeit auf Progressia aufsuchen könne, sollte er in Schwierigkeiten geraten. Und das tat er.
Mit seinem letzten Ersparten organisierte er sich eine exakte, mechanische Nachbildung seines Fischmenschenkörpers und einen sicheren Logout. So verließ er das erste Mal und vermutlich für immer seine Heimatwelt. Doch wie man sich bereits denken kann, war das nicht das Ende seiner Geschichte, schließlich war Progressia riesig und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo sich die (Un)Wonted’s aufhielten.
Tagelang schlenderte er durch die Straßen des gewaltigen Planeten, landete in Clubs und Bars, handelte sich haufenweise Probleme und noch mehr Schulden ein und war letztlich auch hier ein gesuchter … Fisch. Und all das, bevor ihn sein Weg überhaupt erst nach unten führte.
Glücklicherweise funktionierte sein neuer Körper auch ohne Nahrung oder Schlaf, sonst wäre er wahrscheinlich nie bei Eddy und den Anderen angekommen. So oder so stolperte er irgendwann an einem Schild vorbei, auf welchem „Home Of The (Un)Wonted’s“ stand.
Ohne zu zögern, nahmen sie ihn bei sich auf, nicht zuletzt da sie ihm viel verdankten und es ihm ohnehin bereits angeboten hatten. Und zu ihrer Überraschung hatte er sogar ein paar Geschenke für die Drei dabei. In der Zwischenzeit wurden nämlich neue Steckbriefe gedruckt, nachdem man sie auch für die Befreiung von Markus, dem größten Verbrecher in der Geschichte der Fancies, verantwortlich machte.
„Desirée »Dicy« Cunningham, tot oder lebendig. 10750 Credits.“
„Arman »V« Vocatorem, nur lebendig. 10400 Credits.“
„Edward »Eddy« Boldheart, tot oder lebendig. 12500 Credits.“
Und der Vollständigkeit halber:
„»Bark«, tot oder lebendig. 250 Credits.“
Wie zu erwarten hielt sich die Freude seiner neuen Vorgesetzten in Grenzen, nicht einmal Eddy konnte der Sache etwas Gutes abgewinnen. Sie fragten sich, wie lange der Direktor ihre internationalen Fahndungen wohl noch vor den Gesetzeshütern Progressias geheim halten konnte. Und ob sie, wenn sie denn irgendwann an ihre Türen klopfen sollten, ein Raumschiff besitzen und sich vom Acker machen könnten. Jedenfalls entschieden sie, genauso weiterzumachen wie bisher, sie hatten ja ohnehin keine große Wahl.
„Weil Bark der beste Pilot ist, den diese Galaxie jemals gesehen hat!“, behauptete Bark mit herausgestreckter Brust und ohne einen einzigen Hauch Ironie in seiner Stimme.
„Bist du denn schon mal geflogen?“, erkundigte sich V, obwohl er die Antwort bereits ahnte.
„Nö.“
„Warum frage ich eigentlich noch?“, dachte er laut und schlug sich dabei mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Glaubt Bark, ihr werdet es nicht bereuen, ihn als Kapitän eures Schiffes einzusetzen.“
Das war der Tropfen, der das Fass namens Dicy zum Überlaufen brachte, welcher ihren Geduldsfaden irreparabel zerrissen hatte und sie bis in alle Ewigkeit zur Weißglut brachte. Sie nahm den Fischmenschen mit ihrem übermenschlich starken, mechanischen Arm in den Schwitzkasten und schliff ihn hinter sich her.
„Ich lass’ dir ja vieles durchgehen, Kumpel …“, begann sie in einem Ton, der einer tadelnden Mutter ähnelte. „… Aber mir den Posten streitig zu machen, für den ich geboren wurde, gehört nicht dazu!“
Dabei lächelte sie zynisch und verschwendete keinen Gedanken daran, ihr Gildenmitglied loszulassen.
„Wir können uns gerne darum duellieren, wenn es so weit ist“, schlug er allen Ernstes vor.
„Ha! Warum so lange warten?“, entgegnete sie spöttisch. „Ich kann dir auch hier und jetzt die Lichter ausknipsen!“
„Weißt du was?“
„Bitte nicht, Bark!“, flehte V.
Doch unfähig dazu, die Situation, in der er sich befand, richtig zu deuten, platzte es einfach aus ihm heraus.
„Wenn du unbedingt Kapitänin sein willst, schön. Dann wird Bark eben Flottenadmiral, sobald wir eine ganze Armada besitzen.“
Dicy drückte nun noch fester zu, aus seinem Genick vernahm man bereits ein leises Knacken. Kommentarlos trat sie die Türen des Theater Hollywoods, vor denen sie sich mittlerweile befanden, auf und schrie hinein.
„Ich brauch’ einen Eimer Wasser und ein Handtuch, dem Wichser werd’ ich schon zeigen, wer Flottenadmiral wird!“
„Waterboarding wird bei einem Fischmenschen vermutlich nicht funktionieren, Dicy“, klärte V schulterzuckend auf.
-
- Kapitel 1: Anfang
- Kapitel 2: Heimat
- Kapitel 3: Veranlagung
- Kapitel 4: Prüfung
- Kapitel 5: Sparring
- Kapitel 6: The (Un)Wonted’s
- Kapitel 7: Alltag
- Kapitel 8: Auftraggeber
- Kapitel 9: Aufbruch
- Kapitel 10: Login
- Kapitel 11: Mitternachtsausflug
- Kapitel 12: Auf dem Holzweg
- Kapitel 13: Lallende Barden
- Kapitel 14: Hausfrieden
- Kapitel 15: Verfolgungsjagd
- Kapitel 16: Flucht
- Kapitel 17: Gefragt-
- Kapitel 18: -Gejagt
- Kapitel 19: Herzschmerz
- Kapitel 20: Drachenfriedhof
- Kapitel 21: Bossraum
- Kapitel 22: Manaleum
- Kapitel 23: Existenz
- Kapitel 24: Reunion
- Kapitel 25: Logout
- Kapitel 26: Purgatorium
- Kapitel 27: The (Un)Wonted’s 2.0
- Kapitel 28: Aufstrebende Auftragnehmer
- Kapitel 29: Fischwanderung
- Kapitel 30: Mi Casa Es Su Casa
- Kapitel 31: Containerfestung
- Kapitel 32: Testo-Tango
- Kapitel 33: Initiationsritus
- Kapitel 34: Undercover