The (Un)Wonted´s

Kapitel 10: Login

Das Abenteuerkönigreich Fantasia

Fantasia war die artenreichste und vielfältigste Welt, die es da draußen gab. Hier lebten Elfen, Zwerge, Gnome bis hin zu Orks, Tiermenschen, Drachen und sogar Dämonen oder lebende Maschinen. Darüber hinaus existierten Mischwesen, die nicht einmal einen Namen besaßen. Rassen, welche so selten waren, dass nur wenige sie je mit eigenen Augen gesehen haben. Kräuter und Gewächse ließen sich zu den wirkungsvollsten Elixieren und tödlichsten Giften mischen. In den dunkelsten Höhlen lauerten die furchteinflößendsten Monster, von welchen man sich nicht einmal zu träumen getraute. Und egal wohin man schaute, die Magie war allgegenwärtig.

„Ich bin ja kein Experte …“, hustete Eddy, nachdem er seine Freunde von sich wuchtete und den Staub aus seinen Klamotten schlug.
„… Aber wie eine Stadt sieht mir das hier nicht aus.“
„Ach Quatsch!“, peitschte V genervt zurück.
„Shit, irgendwas muss beim Einloggen schiefgegangen sein. Wo sind wir?“
„Den gewaltigen Bäumen nach zu urteilen, sind wir schon im Elfenwald“, analysierte V.
„Und wo genau? Das Ding ist riesig!“
„Woher soll ich das wissen?“
„Du weißt doch sonst auch alles, oder nicht?“
Zwischen Dicy und V flogen Funken, als sie ihren Unmut an dem jeweils Anderen ausließen. Einzig Eddy bemerkte das Rascheln im Unterholz.

„Ey, Leute, ich glaube da ist etwas.“
Doch die Beiden ließen sich nicht im Geringsten aus ihrer Rage holen und heizten die angespannte Stimmung nur noch mehr auf.
„Von wegen, der macht das einfach so!“, meckerte er.
„Na und? Du hast dem Deal doch zugestimmt!“, brummte sie.
Unterdessen wurde das Rascheln deutlich stärker und die umliegenden Büsche begangen heftig zu wackeln.
„Hier kommt was! Hallo?“, rief Eddy, der langsam rückwärts ging.
„Du hättest uns vorher in deinen Plan einweihen können!“, beschwerte er sich.
„Und dann? Hattet ihr etwa einen Besseren?“, krakelte sie zurück.
„Hey!“ schrie Eddy unterbrechend.
„Was denn?“, antworten Dicy und V gleich laut.

In diesem Moment sprang etwas aus dem Busch und ließ die Herzen der Gruppe für eine Sekunde höherschlagen. Als sich herausstellte, dass es sich dabei lediglich um ein Kaninchen handelte, atmeten sie tief und beruhigt aus. Bevor die Luft die Lungen gänzlich verlassen hatte, schoss ein gigantischer Adlerschädel aus dem Gewächs, schnappte sich das arme Tierchen noch im Sprung und vertilgte es in einem Happen. Danach blickte das Geschöpf in drei erschrockene Gesichter und drehte den stämmigen Löwenkörper in ihre Richtung. Es schlug zweimal mit seinen riesigen Flügeln, richtete sich auf die Hinterbeine und präsentierte seine gewaltigen Bärenpranken. Als es wieder auf allen Vieren landete, zeigte sich der Schweif des Ungetüms, an dessen Ende der Kopf einer Viper ihrer Beute entgegen zischte.

„Fuck!“, brüllten alle Drei.
Aus Dicys rechter Schulter trat sofort eine metallene, leicht gebogene Teleskopstange heraus, an der allerhand Gerätschaften montiert waren. Am Ende der Stange war eine Rakete befestigt, die sogleich startete.
„Jetpack-Modus aktiviert. Wuff!“, klingelte es aus Dicys Hosentasche.
Dann stieg sie immer weiter in die Luft und verzog sich aus der prekären Situation.
V schnippte unterdessen mit dem Finger und hüpfte wenige Zentimeter in die Luft. Ein paar Meter entfernt von ihm materialisierte sich ein flüchtiger Nebel, von dem bis eben keine Spur zu erkennen war. Er war wie das Deck eines Skateboards geformt und sauste unter den Füßen von V hindurch. Dieser landete wiederum festen Fußes auf seiner Mitfahrgelegenheit und eilte Dicy im Nullkommanichts hinterher.

„Hey, lasst mich hier nicht im Stich! Seit wann könnt ihr denn eigentlich fliegen?“, erklang es vom Boden.
„Augen auf den Feind, Idiot!“, kam es zurück.
Eddy begriff die Warnung und schaute erschrocken zu dem angreifenden Biest. Mit seinem spitzen, stahlharten Schnabel versuchte es, ein Loch in den Kopf des Supies zu bohren. Es schlug schnell, präzise und heftig zu, immer wieder. Doch Eddy gelang es, mit vielen, kleinen Sätzen nach hinten, für genügend Abstand zu sorgen. Dies verschaffte ihm genug Zeit, sich rechtzeitig nach links oder rechts wegzuducken und den Angriffen damit, um Haaresbreite zu entgehen. Bis der Schlangenkopf sich in seinem toten Winkel heranpirschte und zuzuschlagen drohte.

Kurz bevor die Giftzähne Eddys Nacken erreichten, traf ein ätherischer Pfeil den schlangenförmigen, beschuppten Schwanz der Bestie und nagelte ihn in den Boden. Der plötzlich eintretende Schmerz stoppte die Angriffsserie des Monstrums für einen Moment. Dieses kleine Zeitfenster reichte aus, um Dicy genügend Schub für ihren Überschallschlag zu geben. Mit voller Wucht und einer Faust, welche in einen grünen Energieschild gehüllt war, rauschte sie gegen den Kopf ihres Feindes. Wider Erwarten steckte das Biest den Schlag problemlos weg und schüttelte sich lediglich, als hätte man nur einen Kiesel nach ihm geworfen. Es stellte sich erneut auf die Hinterbeine und holte nun zu einem weiten Prankenhieb aus.
„Halt dich fest!“, befahl Dicy.

Als der Hieb das größer gewordene Schild traf, schleuderte er die Beiden meterweit zurück, bis sie in einen Baum krachten. Dicys Aufprall wurde von Eddy gedämpft, Letzterer ist dafür ziemlich unsanft zum Stillstand gekommen. Daher war sie es auch, die den nächsten Angriff zuerst kommen sah.
Das Wesen holte tief Luft, hielt sie für ein paar Sekunden an und atmete einen lodernden Feuersturm aus, welcher geradewegs auf Dicy und Eddy zuraste.
Ein weiteres Mal war Robbs Energieschild der Retter in der Not, welcher ihnen ermöglichte, in Sicherheit zu verharren.
„Energielevel bei 90 %. Wuff.“
„Das kann ich den ganzen Tag, du blödes Mistvieh!“, provozierte Dicy eine weitere Attacke.
Der mittlerweile frei gerissene Schlangenschwanz begann damit, sein giftiges Sekret in den Feueratem zu spucken. Als dieses am Energieschild ankam, begann es sich durch die schützende Hülle zu fressen, wie Nanobots durch die Panzerung eines Sternenkreuzers.

„Energielevel bei 22 %. Wuff. Schild ist ein Schweizer Käse, Wuff. Empfehle …“
„V!“, unterbrach Dicy ihren Assistenten.
V bereitete eine mächtige Attacke vor, nachdem er gesehen hatte, dass ihre herkömmlichen Methoden keinen Effekt erzielen würden. Er beschwor einen geisterhaften Hammer nach dem anderen, fusionierte sie miteinander und verdichtete damit das Mana. Das Ergebnis war eine riesige Version eines Hammers, welcher auf den Kopf des Monsters hinabfiel. Der Schlag war so heftig, dass der Schädel in den Boden gedroschen wurde und der unaufhörliche Feuer-Giftatem daraufhin abbrach.
„Energielevel bei 1 %. Wuff.“
„Und mehr brauche ich auch nicht“, gab Dicy selbstbewusst von sich.
Sie feuerte blitzschnell einen Schuss ihrer Pistole durch das verschwindend klein gewordene Energiefeld ihres Schildes und machte es damit hochexplosiv. Es traf sein Ziel und sorgte bei Kontakt für die gewünschte Rauchwolke. Erst als das Ungetüm mit seinen Flügeln genügend Wind aufkommen ließ, erkannte es die ihm drohende Gefahr.

Eddy raste in einem dezenten, weißen Schimmer auf die Bestie zu. Der Schlangenkopf nahm bereits eine Defensivposition ein und wartete darauf, zuzubeißen, sobald der Supie in Reichweite kam. Bevor dies der Fall war, rauschte ein weiterer Pfeil auf den Schweif zu. Er wich der offensichtlichen Attacke aus und verharrte bis zu dem Moment, an dem er zuschlagen konnte
„Grober Fehler“, murmelte V.
Dessen Hände gerade von einer enormen Kraft zusammengezogen wurden und urplötzlich ein Portal über ihm erschaffen hatten. Er tauchte an dem Einschlagort des Pfeiles auf, schwang die Klinge seines Stabes blind nach hinten und enthauptete damit den Schlangenschweif.

Gleichzeitig rauschte Eddy mit einem Tritt voll gegen den Schnabel des angeschlagenen Monstrums, zertrümmerte ihn in abertausende Teile und schleuderte den Rest des Leibs durch mehrere Bäume hindurch. Als das Wesen in dem Krater aus Geäst und Baumstämmen lag, wirkte es fast bedauernswert.
Dicy und die Anderen kamen inzwischen wieder zusammen und klatschten siegessicher miteinander ab.
„Was war das für’n Ding?“, fragte Eddy.
„Eine Chimera. Wirklich üble Zeitgenossen, vor allem wenn sie ausgewachsen sind.“
„Du meinst, die werden noch größer?“
Ein leidender, elendiger Hilferuf ertönte unweit von ihnen. Kurz darauf begann ein leichtes Beben, welches immer stärker wurde.

Zuerst war es ganz leise, kaum zu hören. Doch dann wurde es lauter und Vögel flüchteten aus ihren Nestern. Aus den Tiefen des Waldes war knarzendes Holz zu vernehmen, so, als ebne sich etwas seinen Weg durch die Bäume, entwurzelte sie und stieß sie letztlich um. In der Ferne erkannte unsere Gruppe einen näherkommenden Adlerkopf, welcher locker zwei- nein dreimal so groß war, wie der des Jungtieres, das sie eben bekämpften. Als das Muttertier die Feinde ihres Jungen sah, stürmte es ohne Rücksicht auf Verluste auf sie zu.
„Hauen wir ab?“, fragte Eddy.
„Scheiße, ja!“, wurde ihm von links und rechts ins Ohr gebrüllt, während Dicy und V ihn bereits an beiden Armen packten und mit sich in die Lüfte zogen.

Kaum ließen sie die Baumkronen hinter sich, folgte ihnen die haushohe Chimera und flog nun dicht hinter ihnen.
„Zurück, zurück! Schnell wieder runter!“, kreischte Eddy, der aufgrund seiner Position als Einziger nach hinten schauen konnte.
Sogleich initialisierten die beiden Piloten den Sturzflug, entgingen dadurch nur knapp einem blitzschnellen Hieb der rasiermesserscharfen Klauen und verbargen sich erneut im Grün des Waldes. Hier waren sie deutlich schwerer zu entdecken und die dichte Bewaldung behinderte die Verfolgung der Mutter drastisch. Sie sprangen von Ast zu Ast, verschwanden hinter plötzlich erscheinenden Stämmen und machten sich das Terrain zunutze. V lockte die furiose Chimera mehrmals in eine falsche Richtung, nur um im letzten Augenblick seine Position mit einem versteckten Pfeil zu wechseln. Dicy schoss, dank ihrer kybernetischen Sehhilfe, an dutzenden Bäumen vorbei und zielte einzig auf die am weitesten Entfernten. Durch diese zahlreichen Explosionen, die sonst wo auftraten, führten sie ihren Verfolger auf eine falsche Fährte.

Nichtsdestotrotz dauerte es mehrere Stunden, die Sonne ging bereits unter, um die Chimera endgültig abzuhängen. Erschöpft, außer Atem und müde vom Rennen, schlug die junge Truppe ihr Nachtlager in einer Höhle auf, welche sie auf ihrer Flucht entdeckten und von der sie hofften, in ihr nicht auf das nächste Monster zu stoßen, dass es zu bekämpfen galt. Sie machten es sich so gemütlich, wie irgend möglich, ruhten sich am wärmenden Lagerfeuer aus und lachten bereits über die irrsinnigen Ereignisse, die ihr erster Tag in Fantasia für sie bereithielt.

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